So ein Theater

Stefan Zweigs „Schachnovelle“ läuft in Wien als Dauerbrenner.

Sie kennen natürlich die Schachnovelle. Haben Stefan Zweigs bekanntestes Werk gelesen oder die Verfilmung mit Curd Jürgens gesehen. Falls nicht, sollten Sie das nachholen. Oder Sie gehen ins Pygmalion Theater in der Alser Straße.
Schon seit Jänner steht das Stück dort auf dem Spielplan, übrigens nicht zum ersten Mal. Offenbar ist es ein Dauerbrenner im „Theater der Newcomer“, wie sich das Pygmalion selbst nennt. Nach der Sommerpause erfolgte kürzlich die Wiederaufnahme der aktuellen Inszenierung, die bis voraussichtlich Juni 2014 im Programm bleibt. Wenn Sie Ihr Ticket an einem Montag zwischen 10 und 14 Uhr direkt im Theater holen (lassen Sie sich nicht vom Durchgang durch den schäbigen Hinterhof abhalten!), zahlen Sie nur fünf Euro pro Karte. Aber auch der reguläre Eintritt um 15 Euro ist sein Geld wert.
Geirun Tino hat als Dramaturg und Regisseur ganze Arbeit geleistet: „Die Schachnovelle“ ist nicht eben einfach auf eine Bühne zu bringen, changiert die Handlung doch zwischen einer Gefängniszelle und einem Hochseedampfer. Im kleinen Pygmalion braucht es dafür keine Umbauten. Ein paar Schachbretter, zum Angreifen nah für das Publikum, dienen als Kulisse für Spiel, Tanz und Dramatik, im Hintergrund das stete Ticken der Schachuhren. Die Zuschauer werden stellenweise miteinbezogen, erhalten vom Steward, der die Geschichte erzählend begleitet, nebenbei ein Gläschen Sekt gereicht.

Denn sie wissen, was sie tun

In der Hauptrolle des Dr. B. brilliert Reinhold Gugler, der von höchster Lebenslust ins Schachfieber-Delirium verfällt, in dem alle seine Gedanken nur noch um Partien kreisen, die zu einer anderen Zeit an einem anderen Ort stattgefunden haben. Beängstigend echt, seine Mimik und Intonation im Schachwahn. Georg Gogitsch gibt seinen Widerpart, den Weltmeister Czentovic, eine arrogante Inselbegabung in schweren Stiefeln.
Der geübte Spieler kann es sich nicht verkneifen, die dargestellten Partien auf ihre schachliche Richtigkeit zu überprüfen. Und bis auf die furios hektische Schlusspartie halten sich die Mimen an die Regeln, was eigentlich unwesentlich ist, aber trotzdem freut: Denn sie wissen, was sie tun. Dass die Schauspieler bei unserem Besuch später, nach dem Stück, sogar noch eine Partie mit uns gespielt haben, war das Schlagrahmhauberl oben drauf.
Mit Schachspiel oder ohne: Applaus für ein Theater zum Anfassen. Schau’n Sie sich das an.