Marek Zawrotny
Musik

Kein Schrumm-Schrumm

Dienstag, 7. Oktober 2014
Wilfried Lepuschitz und Markus Schlesinger keppeln, wer wohl der größere Fan von Markus ist. Er, Wilfried, oder doch Markus' Mama, die immerhin die Plakate mit der Ankündigung des Wiener Fingerstyle-Festivals in Lokalen aufhängt. Beim Frühstück mit dieZeitschrift erzählen sie, was Stephan Fry, grantige Musiker und ein Eissalon mit dem Festival zu tun haben.
Markus Schlesinger und Wilfried Lepuschitz veranstalten das Fingerstyle-Festival in Wien
Marliese Mendel
Markus Schlesinger und Wilfried Lepuschitz

Eigentlich gibt es keine eindeutige Definition für Fingerstyle. Man ist sich nur einig, dass man dazu eine Gitarre braucht, aber kein Plektrum und schon gar keine Band. Man erzeugt die Illusion von mehreren Instrumenten auf einer Gitarre: Bass, Melodie und Perkussion.

Einig sind sich Markus und Wilfried, dass der beste Übungsraum das Badezimmer sei, weil dort die Akkustik so gut ist. Der Sound würde durch die Fliesenwände lauter. „Das Klo war mein Rückzugsort, als ich die Wohnung noch mit einer Mitbewohnerin teilte und kein eigenes Studio zur Verfügung hatte“, sagt Markus.

Dabei hatte das mit Markus und der Gitarre nicht so gut angefangen: Als er neun war, kamen sein Gitarrenlehrer und seine Mutter überein, dass es wohl besser wäre, wenn er ein anderes Instrument erlernen würde. Er übe nicht genug. Mit 16 packte es ihn aber: er hörte Eric Claptons CD „Unplugged“ und somit erstmals in seinem Leben Fingerstyle. Er kramte die Gitarre aus dem Schrank, seitdem hat die Technik ihn nicht mehr losgelassen.

Die Anfänge

Wilfrieds erstes Instrument war das Klavier. Mit 17 sattelte er der Coolness wegen auf Gitarre um. Als er die CD des Kärntner Fingerstyle-Gitarristen Thomas Leeb hörte, war auch er dieser Spielart verfallen. Seither zupft er an den Saiten und komponiert eigene Songs. Dabei spielt er nicht nur Melodie und Begleitung, sondern zugleich auch die Basslinie und die Percussions, indem er auf die Gitarre klopft. So simuliert er eine ganze Band.

Die Szene der Fingerstyler ist überschaubar, eine familiäre Szene. Dennoch werden Videos wie jene von Altmeister Tommy Emmanuel elf Millionen mal angeklickt – der Mann füllt weltweit die Konzerthallen.

Fingerstyler

Thomas Leeb, Fingerstyler aus Österreich
Wikipedia - Jo Weber
Thomas Leeb

Markus und Wilfried veranstalten das Fingerstylefestival bereits zum fünften Mal.

Am 10. und 11. Oktober spielen im Vindobona acht international bekannte Fingerstyle-Gitarristen auf. Grund, das Festival auszurichten, war, dass die Musikerkollegen jammerten: „Wir hörten immer, dass alles so Oasch sei, es gebe kaum Auftrittsmöglichkeiten und es würde nix gezahlt. Aber es kümmerte sich auch keiner darum. Wir dachten uns, anstatt zu schimpfen, versuchen wir's einfach.“ Die Idee des Fingerstyle-Festivals war geboren, die ersten Musiker wurden eingeladen.

„Wir haben dann, etwas naiv, Flyer und Poster gedruckt und sind damit herumgezogen. Es war anfangs eine unsichere Sache.“ Doch schon das erste Festival wurde ein Erfolg, obwohl es damals keine Sponsoren und keine Förderungen gab. Mittlerweile unterstützt sie ein Eissalonbesitzer, ein Installateur und ein Musikhaus. Trotzdem hängt Markus' Mama immer noch selbst Plakate in Lokalen auf. Sicherheitshalber. Immerhin sei sie Markus' größter Fan.

WOW

Es ist gut, dass das Wiener Festival noch klein ist; sonst hätten Markus und Wilfried Jon Gomm nicht als Headliner gewinnen können. Der Engländer weigert sich strikt, auf Mainstream-Festivals zu spielen. Der Absolvent des renommierten „Guitar Institute“ in London spielte früher Country-Musik und Bar-Jazz, um sein Studium zu finanzieren.

Seine eigentliche Karriere begann mit einem Wort: WOW. Der englische Autor, Schauspieler und Internet-Liebling Stephen Fry hatte dieses Wort samt dem Link zu Gomms Song „Passionflower“ getweetet und ihm aus dem Stand zwei Millionen Zuhörer beschert. Inzwischen haben mehr als sechs Millionen Menschen das Video auf Youtube gesehen und ihm erstaunt dabei zugesehen, wie er die zerkratzte Oberfläche seiner Gitarre nutzt, um den Sound von Snare, Bass Drums und Bongo zu erzeugen, wie er die Obertöne seiner Gitarre für synthesizerähnliche Effekte nutzt und die Gitarre während des Spielens permanent umstimmt. Wilfried und Markus kennen den Gitarristen noch aus der Zeit vor dem Tweet, als er noch mit seiner alten Rostlaube durch Europa tourte.

Tickets

Das 5. VIENNA FINGERSTYLE FESTIVAL
am 10. und 11.10.2014
im Kabarett Vindobona
Wallensteinplatz 6, 1200 Wien

Einlass: 19 Uhr / Beginn: 20 Uhr
Vorverkauf: Tagespass € 22,50 / 2-Tagespass € 40,-
Tagespass an der Abendkassa: € 25,-

Workshop: Jon Gomm und Petteri Sariola veranstalten am 11. Oktober 2014 von 12:30-16:30 Uhr einen Workshop.
Gesamter Workshop:€ 50,-
Einer der beiden Workshops: € 35,-

Weitere Gitarristen, die auf dem Festival auftreten, sind Jacques Stotzem aus Belgien, Stefan Kroboth aus Kärnten (mit seiner von der Oberösterreicherin Christina Kobler gebauten Gitarre), Petteri Sariola aus Finnland, der Kärntner Gottfried Gferer und der European-Guitar-Award-Gewinner David Lindorfer aus Oberösterreich.

Markus wird beim Festival seine neue CD „Don't be afraid“ präsentieren.

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