Esther Crapélle/Atelier Mystique Photography
Biografie

„Ich bin eine liebe Domina“

Sonntag, 1. Juni 2014
Einst war sie eine Ikone der Wiener S/M-Szene. Jetzt hat Contessa Juliette, Herrin im Ruhestand, ihre Memoiren veröffentlicht. In ihrem Buch geht es detailliert zur Sache.
Domina
Esther Crapélle/Atelier Mystique Photography

„Machtspiele sind eine Neigung. Die Dominanz ebenso wie die Unterwerfung,“ sagt Contessa Juliette. Sie sieht so gar nicht aus wie man sich eine strenge Herrin in der S/M-Kammer vorstellt, sondern eher wie eine Geschäftsfrau auf der Durchreise. Gepflegt, adrett gekleidet, dezent geschminkt. Sie ist nicht sehr groß und hat freundliche braune Augen. Nur sind ihre Arbeitsutensilien nicht Laptop und Aktenkoffer, sondern Peitschen, Brustklammern und Reitgerten. Während sich Juliette Parmesan auf ihre italienische Pasta streut, zählt sie weiter auf: „Zur Grundausstattung für einen Hausbesuch brauche ich noch Lederfesseln, eine Augenbinde, Gleitmittel und Dildo.“

Contessa Juliette ist eine Domina im Ruhestand und galt jahrelang als Ikone der Wiener S/M-Szene. Jetzt hat sie Ihre Memoiren als E-Book veröffentlicht. Der Titel Der Engel mit der Peitsche kommt nicht von ungefähr. „Die Leute haben immer gesagt, ich bin eine liebe Domina.“

„Shades of Grey ist ein Märchenbuch“

Lieb hin oder her, in ihrem Buch geht es ordentlich zur Sache. Da wird „Wachs auf prall gebundene Hoden gegossen“, Strom, Nadeln und Klistier kommen zum Einsatz, Sklaven robben am Boden und lecken die Stiefel ihrer Herrin. Zarte Blümchen-Sex-Gemüter könnten mit so viel S/M-Realität überfordert sein. Denn mit der zeitweiligen Romantik, die in den Shades of Grey-Bestsellern vermittelt wird, hat das Ganze nichts zu tun. „Die Autorin kann unmöglich aus der S/M-Szene kommen. Die hat ja überhaupt keine Ahnung. Das sind Märchenbücher.“

Die dominante Neigung der Contessa zeigte sich schon früh. „In der Schule hab ich die Burschen an den Marterpfahl gebunden, nicht umgekehrt.“ Sie lacht.
„Jeder fragt mich, welche Art von Männern meine Dienste in Anspruch nehmen. Sie kommen aus allen Schichten, aber nur eine Schicht kann es sich eher leisten.“ Denn die Dienste einer guten Domina sind nicht billig. „Ich habe diese Kunst in Seminaren gelernt. Es muss für die Sklaven ungefährlich sein. Man muss auch wissen, wie man schlägt, damit dem Sub keine blauen Flecken bleiben. Viele Kunden sind ja verheiratet.“ Auch von Fesseln aus Nylonstrümpfen rät sie ab. „Die gehen nie wieder auf.“

„Einer wollte, das wir ihn töten“

Ihre Grenzen hat sie klar abgesteckt. „Das sind nur Spiele, ich verletzte niemanden ernsthaft. Es geht um die Übereinkunft von zwei erwachsenen Menschen, die gemeinsam ihre Limits festlegen.“ Was aber im Laufe der Jahre verletzt wurde, war die Seele der Contessa. „Manchmal habe ich mich wie der Mülleimer der Nation gefühlt. Viele Leute kommen zu einer Domina, bevor sie zu einem Therapeuten gehen.“ Ein Mann verlangte einmal von ihr und einer Kollegin, dass sie ihn auf ziemlich sadistische Art und Weise töten. „Der wollte in den Armen einer Domina verbluten. Obwohl wir natürlich nichts dergleichen getan haben, war das eines der schlimmsten Kapitel für mich.“

Es gab noch eine andere Erfahrung, die sie lieber nicht gemacht hätte. Einer ihrer Sklaven drehte den Spieß eines Tages um, bedrohte sie und stalkte sie 13 lange Jahre. „Der wollte die Macht übernehmen. Einmal wurde er sogar vor meiner Tür von der WEGA festgenommen.“

„Viele Sklaven sind schrecklich unhöflich“

Contessa Der Engel mit der Peitsche

Im Laufe der Jahre bekam sie so etwas wie ein Sex-Burnout. „Mich konnte nichts mehr erregen, ich hatte nicht einmal mehr Lust auf Selbstbefriedigung.“ Sie zog die Reißleine und verließ Österreich Richtung Italien. In dem kleinen Dorf, in dem sie heute lebt, kennt niemand ihre Vergangenheit.
Aber auf Facebook kontaktieren sie noch immer frühere Sklaven. „Die meisten sind schrecklich unhöflich,“ beklagt sie. „Die schreiben: ‚.Ich will, dass du mich schlägst.‘ Kein:‚.Herrin, ich stelle Ihnen meinen Körper zur Verfügung.‘“ Heute möchte sie keinen Sklaven mehr haben. „ich will einen Partner auf Augenhöhe.“

Sexuelle Neigungen könne sie an kleinen Gesten erkennen. „Oder an der Art, zu sprechen. Sub-Männer sind eher zurückhaltend und schüchtern. Viele wissen gar nicht, dass sie eine S/M-Neigung haben.“ Für Frauen hat sie einen Rat: „Holt euch, was ihr wollt. Viele Männer sind froh, wenn sie nicht die Initiative ergreifen müssen.“ Damit erklärt sie sich die vielen unterwürfigen Männer. „Die sind froh, wenn sie einmal nichts machen müssen.“

Hat die Contessa auch Erfahrungen mit Blümchen-Sex? Sie muss lachen. „Oja. Den genieße ich sogar sehr.“

Contessa Juliette: Der Engel mit der Peitsche – Der Weg der Herrin
Verlag: epubli GmbH, Berlin, € 15,99

www.contessa.at
www.facebook.com/pages/Der-Engel-mit-der-Peitsche
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