Werner Streitfelder
Rezension

„Es menschelt sehr, wenn es um den Hund geht“

Donnerstag, 12. Juni 2014
Die Journalistin Hedi Breit fuhr mit Hirschgeweihen durch Wien, besuchte ein Wolfsgehege, sprach mit dem Hundeflüsterer und ging mit ihrem Hund Lola in die Kirche. Jetzt ist ihr Buch dazu erschienen: Der ultimative Stadtführer für die rund 100.000 Wiener Hunde und deren Herrln und Frauchen.

Die beiden Hündinnen Lola und Frida haben es gut. Ihre Frauchen sind Journalistinnen und haben für einen Hund/Mensch-Stadtführer in Wien recherchiert. Hedi Breit hat hundefreundliche Lokale getestet, Lola HappCakes und LollyDogs verkosten lassen und ist mit ihr die „Kommissar Rex“-Stadttour gegangen. Die Idee zum Stadtführer für Vierbeiner kam ihr in Berlin. Zufällig suchte ein Verleger Stadthundeautorinnen. Und so begann für Breit und Yvonne Lacina „ein halbes Jahr mit verdammt viel Arbeit, die unheimlich viel Spaß gemacht hat“.

Breit führte Interviews mit Umweltstadträtin Ulli Sima und den Tierschutzsprechern der Parteien über „Gackerl-Sackerl“, Leinen- und Beißkorbpflicht, Rasselisten und Welpenmafia. Die Journalistin fuhr zum Wolf-Verhaltensforscher Kurt Kotrschall nach Ernstbrunn. „Ich ging davon aus, dass wir das Interview im Büro führen, aber Kotrschall nahm mich ins Wolfsgehege mit.“ Umgeben von neugierigen Kaniden erfuhr sie, wie man mit Canes Lupi Gassi geht, wie im Rudel Konflikte gelöst werden, und das Wölfe Computerkenntnisse haben.

"Ausreden gibt’s keine"

Wesentlich weniger nervenaufreibend war der Fototermin in der Hundebäckerei „BackHund“, die für die würdige Hundegeburtstagsfeier Torten aus gesundem Dinkelvollkornmehl, Freilandeiern und Bachblüten bäckt. Zum Fotoshooting brachte Breit ein Hirschgeweih mit. Das ist gut zum Knabbern und für den Hundemagen. Damit die Verdauung angeregt wird, haben Lola und Breit bei jedem Wetter (Ausreden gibt’s keine) die größte Hundefreilaufzone Wiens mit 300.000 km² im Prater erwandert, am Roten Berg die Aussicht genossen, im Wiener Berg-Teich gebadet und sind entlang des Marchfeldkanals getrackt.

Einige Hunde stehen auf Volksmusik

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Aneta Jasek
Hunde-Speed-Dating

Weniger anstrengend ist der Kinobesuch jeden ersten Donnerstag im Monat im Admiralkino. Der Eintritt für Hunde ist kostenlos. Um nicht alleine ins Kino gehen zu müssen, könnte der Mensch davor zum Hunde-Speeddating auf der Summerstage gehen oder im Netz auf Hundedatingseiten nach Lebens- und Gassipartnern suchen. Für das perfekte Profilbild sorgt Titanilla Eisenhart. Sie malt Hunde. Damit der Hund entspannt ist, könnte man ihm vorher die „Entspannungsmusik für ihren Hund“ von Österreichs erstem offiziell anerkannten Hunde- und Katzenenergetiker vorspielen. Lebhafte Hunde hören gerne Schubert und Beethoven, ängstliche lieber Mozart, und die Tiere die an der Leine reißen, stehen auf Volksmusik.

Damit die Tiere all die Hundeunterhaltungsmöglichkeiten genießen können, sollte der Mensch regelmäßig die Zähne des Vierbeiners kontrollieren, und um bei etwaigen Verletzungen schnell reagieren zu können und bei den Johannitern einen tierischen Erste-Hilfe-Kurs besuchen. Dort lernt man, wie man Verbände anlegt, Bisswunden versorgt, den Heimlich-Handgriff anwendet und bei Allergien handelt. Um sicher zu gehen, dass man all das Erlernte nicht braucht, können Hund und Mensch in die evangelische Stadtkirche gehen. Zweimal jährlich liest die Pfarrerin Ines Knoll die Tiermesse, und für katholische Hunde spendet Dompfarrer Toni Faber am 4. Oktober den Tiersegen.

Der letzte Weg

Am schwersten ist Breit der Besuch im Tierkrematorium gefallen: „Lola reagierte kaum auf den Leichengeruch. Sie wirkte interessiert, hat sich damit beschäftigt, zeigte aber keine Empathie“. Das machen dafür die Mitarbeiter des Krematoriums und der Tierfriedhöfe. Sie sorgen sich um den verstorbenen Liebling, setzen ihn in Urnen bei und helfen bei der Auswahl des Grabsteins. Einen anderen Weg ging der Alkbottle-Frontmann Roman Gregory, als seine geliebte Mubu von einem Auto überfahren wurde. Er verstreute ihre Asche an drei ihrer Lieblingsplätze. Aus dem vierten Teil ließ er zwei Edelsteine erzeugen. Einen trägt er, den anderen seine kleine Tochter.

Factbox

Fred & Otto unterwegs in Wien: Stadtführer für Hunde in Wien
Hedi Breit und Yvonne Lacina
260 Seiten
Euro 14,90

„Es menschelt immer sehr, wenn es um den Hund geht,“ sagt Breit, „Besonders in den letzten Jahren ist das Angebot für Hund und Mensch in Wien sehr gewachsen.“ Er tut sich einiges in der Hundeszene und vieles davon haben Lola, Breit und ihre beiden Co-Autorinnen Yvonne Lacina und Mischling Frida in dem Buch zusammengetragen. Von jedem verkauften Buch gehen 25 Cent an den Tierschutzverein.

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