Alexandra Gruber
E-Zigarette

Der Krampf mit dem Dampf

Dienstag, 10. Februar 2015
Immer mehr Raucher steigen von der Tabak- auf die E-Zigarette um. Dampfer erzählen, dass sie sich seit dem Umstieg gesundheitlich wohler fühlen und zudem Geld sparen würden. Der Zugang zu Geräten, Liquids und Zubehör könnte in Zukunft aber deutlich erschwert werden.

„Meine Frau und ich haben Liquids, Dampfgeräte und Zubehör für die nächsten dreißig Jahre gebunkert. Wir können beruhigt in die Zukunft schauen“, sagt IT-Techniker Rudi Wanke. Die beiden haben ihre langjährigen Raucherkarrieren Anfang 2012 an den Nagel gehängt und sind auf das E-Dampfen umgestiegen. Wanke litt zu diesem Zeitpunkt bereits an der chronischen Lungenkrankheit COPD.

„Seitdem hat sich meine COPD von Stufe 3 auf 2 verbessert. Und verkühlt war ich seit drei Jahren nicht mehr“, erzählt der 45-jährige. Auch sonst berichtet er nur Positives über sein Dampfer-Leben. „Wir stinken nicht mehr nach Rauch, schädigen unsere Mitmenschen nicht, haben uns tausende Euros erspart, und die Geschmacksvielfalt ist enorm.“

Keine Entzugserscheinungen

Christian Reimeir
Yeter Eksi
Christian Reimeir dampft seit ein paar Monaten

Der 52-jährige Andreas Walther hat mit dem Umstieg auf das Dampfen ähnliche Erfahrungen gemacht. „Meine COPD ist von Stufe 3-4 auf 1-2 gesunken. Mein Geschmackssinn und mein Atem haben sich verbessert, und finanziell spüre ich es auch.“ Der Invalidenrentner hat über viele Jahre 30 bis 40 Zigaretten täglich geraucht und hat sein Laster vor einem Jahr durch die E-Zigarette ersetzt. „Entzugserscheinungen hatte ich keine.“

Der 40-jährige Komponist Christian Reimeir hat Anfang November 2014 den Glimmstängel gegen das elektronische Gerät getauscht. „Man darf überall dampfen, es ist definitiv billiger und man hat keinen schlechten Geschmack im Mund“, erklärt er seine Motivation. Im Gegensatz zu Walther und Wanke klagt er nicht über gesundheitliche Beschwerden durch das Rauchen.

Liquids nur noch in Trafiken

Mittlerweile existieren hunderte von Studien über die E-Zigarette. Die Ergebnisse lassen sich in etwa so zusammenfassen: Dampfer dürften weit weniger Schadstoffe zu sich nehmen als Raucher, Langzeitwirkungen sind aber noch nicht bekannt.

Doch zurück zum Ehepaar Wanke. Warum bunkern die beiden Dampf-Utensilien für Jahrzehnte? Wohl, weil die gesetzliche Zukunft der E-Zigarette mehr als ungewiss ist. EU-weit könnte sie noch 2015 als Tabakprodukt eingestuft werden, obwohl sie gar keinen Tabak enthält. Die Folgen wären lange Genehmigungsprozesse mit unsicherem Ausgang. Fast alle Dampfer sind Ex-Raucher. Macht man ihnen den Zugang zur E-Zigarette schwer oder gar unmöglich, droht der Rückfall ins alte Laster.

Zudem hat die österreichische Dampfer-Gemeinschaft noch ein spezielles Problem. Eine gesetzliche Regelung, die am 1. Oktober 2015 in Kraft treten wird, könnte den Zugang zur vielfältigen Dampfer-Produktpalette einschränken oder verteuern. Ab 1. Oktober 2015 dürfen Liquids und vorbefüllte E-Zigaretten hierzulande nur noch in Trafiken verkauft werden.

Händler stehen vor dem Ruin

Johannes Kahr, Dampfen, Steam Engine
Alexandra Gruber

„Die meisten Politiker werden von Lobbys wie Tabak- oder Pharmaindustrie gesteuert. Denen geht es nicht um unsere Gesundheit, sondern um unser Geld“, befürchtet Wanke. Er ist in dem Verein Interessengemeinschaft E-Dampfen (IG-ED) als PR-Beauftragter für Österreich aktiv und führte in dieser Eigenschaft viele hundert Mailwechsel und persönliche Gespräche mit Politkern.

Mit Sicherheit hat dieses Gesetz Konsequenzen für die etwa 75 österreichischen Dampf-Shops. Sie dürfen ab Oktober nur noch E-Zigaretten verkaufen, die der Konsument selbst befüllen kann – aber keine Liquids mehr. Damit sind sie wirtschaftlich nicht mehr überlebensfähig.

Einer dieser 75 Händler ist der Wiener Johannes Kahr, der vor einem Jahr den Dampf-Shop SteamEngine in Wien-Neubau eröffnet hat. „Ich habe mein ganzes Geld in dieses Geschäft investiert. Nun bin ich ruiniert. Wir verdienen fast nichts mit dem Verkauf von den Geräten sondern hauptsächlich mit den Liquids“, sagt der 31-jährige. Einen Beamtenjob habe er hingeschmissen, um sich seinen Traum zu erfüllen, erzählt er. „Wir E-Zigaretten-Händler sind zu 99-Prozent Menschen, die ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht haben.“

Klage gegen das Gesetz

Kahr will nicht kampflos aufgegeben. Gemeinsam mit anderen Fachhändlern wird er eine Klage gegen das Gesetz einbringen. „Die Regierung nimmt ein tabakloses Produkt in das Tabakmonopol auf, und uns nehmen sie es weg.“ Der Standpunkt der Händler ist nachvollziehbar, denn sie werden ohne eigenes Verschulden ihr Geschäft zusperren müssen.

Die Beweggründe der Politik sind da schon schwerer zu verstehen. Es müsste doch im Sinne der Volksvertreter sein, wenn möglichst viele Raucher auf ein zumindest weniger schädliches Produkt umsteigen. SPÖ-Wirtschaftsprecher Christoph Matznetter wird in einer OTS-Meldung dazu folgendermaßen zitiert: „Nicht nur aus Gründen der Gesundheitspolitik und des Jugendschutzes sehen wir die Neuregelungen für die Gruppe der Trafikanten sehr positiv. Indem wir das Monopol zum Verkauf der E-Zigaretten bei ihnen ansiedeln, stützen wir auch ihre wirtschaftliche Existenz, die ohnehin gefährdet ist.“ In die Nicht-Politiker-Sprache übersetzt heißt das: Den Dampf-Shops wird der Verkauf von Liquids verboten, damit die Trafikanten eine neue Einnahmequelle haben. Wenn nur noch die Trafiken diese Produkte verkaufen dürfen, befürchtet Kahr aber eine Erhöhung der Preise, mangelhafte Beratung und eine geringere Auswahl von Geräten und Geschmacksrichtungen.

Nie wieder Tabak rauchen

Rudi Wanke hat noch bis Herbst Zeit, um weitere Dampfgeräte zu hamstern. Denn er und seine Frau wollen nie wieder Tabak rauchen. Reimeir besitzt hingegen genau eine E-Zigarette mit zwei Akkus. Wäre das Dampfen verboten, würde er wahrscheinlich wieder normale Tschick rauchen, sagt er. Auf die Frage, ob das Dampfen für ihn auch Nachteile hätte, antwortet er: „Man dampft vielleicht mehr als man geraucht hat. Die E-Zigarette geht schließlich nie aus.“ Ob er damit recht behält?

Interessengemeinschaft E-Dampfen
www.steamengine.at

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