Edmont Gruber
Edmont Gruber, by Edmont Gruber
Edmont Gruber
Porträt

Der Alternativenergiepionier und sein Element

Samstag, 21. März 2015
Der Vorarlberger Tischler Markus Faißt produziert in seiner Holzwerkstatt in Hittisau im Bregenzer Wald nicht nur handwerklich perfekte Möbel, sondern auch so etwas wie Bedeutung.

Er spricht konzentriert und überlegt und will mit jedem Satz auf etwas hinaus. Dorthin blickt er auch oft. Hinaus auf die gegenüberliegenden Waldhänge. Auf sein Element – Holz. „Wir können viel lernen vom Wald“ meint er. Die Artenvielfalt zum Beispiel – wenn sich in kleinen Kreisläufen verschiedenste Arten gegenseitig stimulieren und zugleich auch beschützen. Dann würden alle Beteiligten längerfristig von diesem lebendigen Prozess profitieren. Gedanken gegen Monokulturen, gegen zu große Systeme oder zu mächtige Player.
Markus Faißt leitet in Hittisau im Bregenzer Wald inmitten der verschneiten österreichischen Alpen ein auf ökologischen und baubiologischen Prinzipien basierendes Unternehmen mit zehn Mitarbeiterinnen. Er war als junger Mann lange in Südamerika unterwegs, ist Alternativenergiepionier, Ehemann, Vater, Gastdozent und ehrenamtlich in verschiedenen Funktionen tätig. „Eigentlich bin ich Tischler“ sagt er und zwinkert.

Spüren, sehen, riechen, begreifen

Er führt durch durch die Orte seines Tun und Handelns: eine Tischlerei, ein sehr spezielles Holztrocknungsgebäude und ein eigener Ausstellungs- und Veranstaltungssaal als kultureller und sozialer Treffpunkt. Immer wieder bleibt er stehen, um seine Mitarbeiterinnen zu loben oder ihnen Anweisungen zu geben. Dabei bleibt er immer freundlich.

Betritt man seine Welt, spürt, sieht, riecht und „begreift“ man, dass hier nicht nur handwerklich perfekte Möbel, sondern auch so etwas wie Bedeutung produziert wird. Alles ist holzarchitektonisch wunderbar ineinander und auch nach außen hin perfekt mit der Umgebung verflochten.

Mit funkelnden Augen und lebendiger Gestik bricht er große Themen auf regionale Beispiele herunter. „Wenn weiterhin Grünflächen zerschnitten werden, wenn nur noch Konsumwüsten an den Ortsrändern zusammengelegt werden, wenn keine alternativen Verkehrs- und Raumplanungsszenarien Gehör finden, dann machen wir das Rheintal zur Sau.“ Seufzend lässt er die Hand auf den wunderbar verarbeiteten Tisch knallen. Die dumpfen Geräusche aus der Tischlerei sind mittlerweile verstummt.

Lebendiger Dorfkern

In seinem Heimatort sei er immer wieder an solchen nachhaltigen Projekten beteiligt, sagt er und zeigt aus dem Panoramafenster in Richtung Dorfkern. „Man muss nachhaltige Aufenthaltsqualität für die Menschen schaffen. Binnenqualität wie schöne Plätze und lebendige Dorfkerne. Dann entsteht generationenübergreifende Kommunikation und frische Kultur und die Menschen bleiben länger und gerne an diesen Orten. Die Kreisläufe werden kleiner, vielfältiger, nachhaltiger und ressourcenschonender. Es sind entmaterialisierte Werte, die lebensfähige Regionen und lebendige Demokratie entstehen lassen.“

Alles Ansätze, die sich sehr wohl mit unternehmerischen Sichtweisen vereinbaren lassen. „Ich wachse nun schon länger nicht mehr, obwohl ich könnte. Man muss auch wissen wann es genug ist, damit noch Lebenskraft und Zeit und Platz für die kulturstiftenden Dinge da sind. Für mich und meine Mitmenschen. Die Frage muss sich jeder für sich selbst stellen. Wann ist es genug?“

Die letzten Wintersonnenminuten werfen harte Schatten über seine markanten Gesichtszüge. Er verabschiedet sich mit dem festen Händedruck eines Tischlers und dem weisen Lächeln eines Philosophen.

www.holz-werkstatt.com

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