Dieser Artikel ist ursprünglich im aktuellen Amnesty Journal erschienen. Wir danken Amnesty International für die freundliche Abdruckgenehmigung.
Es war eine Mischung aus persönlichen Erfahrungen und einer bahnbrechenden Begegnung, die Lilian Hofmeister mit Anfang dreißig zu dem machte, was sie eine „feministische Juristin“ nennt. Richterin am Wiener Handelsgericht war sie damals, noch dazu die Jüngste von allen, und Mutter einer kleinen Tochter. „Vom Gerichtspräsidenten abwärts waren alle männlichen Richter nach einer Woche per Du. Junge männliche Richter waren damals also gleich willkommen, Richterinnen hingegen nur geduldet. Das hatte System“, erinnert sich die Wienerin an die Anfänge ihrer Karriere.
Das erste Treffen mit Johanna Dohnal, der Ikone der österreichischen Frauenbewegung, brachte die junge Richterin zum Nachdenken. Anfang der 90er Jahre wurden Hofmeister und eine Kollegin zu juristischen Beraterinnen der historisch ersten Frauenministerin Österreichs. Das bis heute international kopierte österreichische Gewaltschutzrecht, das unter anderem erlaubt, gewalttätige Männer mit einer Bannmeile ums eigene Heim zu belegen (Wegweisung), ist beispielsweise Frucht dieser starken Allianz.
Als renommierte Handelsrichterin stand Hofmeister in vielen großen Insolvenzverfahren – etwa dem Ausgleich von Ankerbrot – im Fokus der Öffentlichkeit. Gleichzeitig zog sie als Vorsitzende der Arbeitsgruppe für Gleichbehandlungsfragen Anfeindungen seitens ihrer Vorgesetzten und Kollegen auf sich. „Mein Engagement für Frauenrechte hat fast meine Berufslaufbahn zerstört“, sagt sie heute. Dass sie seit 1998 Ersatzmitglied des Verfassungsgerichtshofes ist, hat sie inzwischen versöhnt.
Nicht nur deshalb sieht die Wienerin ihre erfolgreiche internationale Wahl ins CEDAW-Komitee der UNO (siehe Infobox) als „Krönung meiner nationalen und internationalen Bemühungen zur Stärkung der Frauenrechte“.
Infobox
CEDAW
Engagement gegen Frauendiskriminierung
Die UN-Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (engl: CEDAW) wurde seit ihrem Inkrafttreten im Jahr 1981 von 188 Staaten unterzeichnet. Seit 1982 wacht das CEDAW-Komitee aus (derzeit 23) ExpertInnen über ihre Einhaltung. In mehreren Teams prüfen diese (unter Einbeziehung lokaler NGOs) die Länderberichte und formulieren Empfehlungen. Nach vier Jahren stehen die Staaten erneut auf dem Prüfstand.ung lokaler NGOs) die Länderberichte und formulieren Empfehlungen. Nach vier Jahren stehen die Staaten erneut auf dem Prüfstand.
Ihrer Heimat stellt Hofmeister in Sachen Frauenrechte ein gutes Zeugnis aus: „Österreich ist sicher im oberen Drittel der CEDAW-Staaten.“ Die Vollziehung schwanke allerdings: Während die Polizei etwa bei Wegweisungen in der Regel hochprofessionell agiere, seien Staatsanwälte noch nicht ausreichend geschult. Die pensionierte Richterin plädiert deshalb für verpflichtende Weiterbildung.
International gesehen sieht Hofmeister Krieg und Hunger als die größten Bedrohungen von Kinder- und Frauenrechten. Neben der Gewaltfreiheit will sich das neue CEDAW-Mitglied auch für den Zugang zu Bildung für Mädchen einsetzen.
„Auch wenn wir keine rechtlich bindenden Urteile sprechen können, bewirken die Überprüfungen des CEDWA-Komitees etwas“, ist Hofmeister überzeugt: „Jeder Staat will gut dastehen. Öffentliche Kritik seitens der Staatengemeinschaft tut weh.“
Der Massstab für ihre Arbeit ist – neben den Buchstaben des Gesetzes versteht sich – dabei derselbe geblieben: „Wenn ich etwas für mich, meine Tochter, meine Enkeltochter nicht möchte, dann will ich auch nicht, dass es anderen Frauen passiert.“